Die Farben des Herbstes
Zu keiner Zeit scheinen der Himmel blauer und die Natur intensiver in Gelb-, Orange- und Rottönen zu leuchten als im Herbst. Doch den Herbst können wir nicht nur sehen, sondern auch riechen und spüren. Der erdige Duft der Wälder vermischt sich mit den Aromen von Pilzen und dem Geruch von brennendem Kaminholz. Der raue Wind, der geheimnisvolle Nebel und der von Wolken durchzogene Himmel lassen einen warmen Tee nach einem ausgiebigen Herbstspaziergang zu einer ganz besonderen Wohltat werden.
Der Herbst taucht die Welt in ein warmes und goldenes Licht. Dieses Herbstleuchten lässt den Herbst zusammen mit seinen magischen Herbstfarben für viele Menschen zur buntesten Jahreszeit werden.
Aber in das farbenfrohe Bild fügen sich immer wieder auch morbide Elemente ein. Diese Kombination sorgt dafür, dass der Herbst seit jeher eine besondere Quelle der Inspiration für Maler, Dichter und andere Künstler ist.
So dichtete etwa Georg Heym (1887-1912) in „Der Herbst“:
„Weit gerückt in unbewegter Ruhe
steht der Wald wie eine rote Stadt.
Und des Herbstes goldene Flaggen hängen
von den höchsten Türmen schwer und matt.“
Inhalt
Mächtiges Rot
Ab Oktober zieht der Herbst in unseren Breitengraden den sprichwörtlichen roten Faden durch die Landschaften. Damit bietet er unseren Augen noch einmal eine elementare Lebensfarbe, bevor sich die Natur in den Winterschlaf verabschiedet.
Vermutlich ist das auch einer der Gründe dafür, warum wir so gerne in den Herbstfarben schwelgen. Allein die Wahrnehmung der Farbe Rot soll den menschlichen Stoffwechsel um mehrere Prozent ankurbeln.
In den Regionen der Welt, in denen ein kühleres Klima herrscht, ist Rot deshalb fast immer positiv besetzt.
Aber Rot ist auch eine doppeldeutige Farbe. Rot steht einerseits für Wärme, Energie und Leidenschaft. Doch andererseits signalisiert die Farbe auch Wut, Aggression und Gefahr.
Franz Marc schrieb in einem Brief an August Macke aus dem Jahr 1910 dazu: „Rot, die Materie, brutal und schwer, und stets die Farbe, die von den anderen [Farben] bekämpft und überwunden werden muss!“
Daneben ist Rot die Farbe der Macht. Den Farbstoff herzustellen, war früher sehr aufwändig und teuer. Seit der Antike wurden Rottöne wie zum Beispiel Scharlachrot aus der Kermesschildlaus gewonnen.
Das kostbare Purpurrot hingegen lieferten die Säfte der Purpurschnecke. Diese edle Farbe war der Kleidung von Königen und Kardinälen vorbehalten.
Erst etwa Mitte des 19. Jahrhunderts setzten sich allmählich die sogenannten Teerfarben durch. Der britische Chemiker William Henry Perkin entwickelte im Jahr 1856 den ersten Anilinfarbstoff und nannte ihn „anilin purple“.
Kurz darauf kamen immer mehr Anilinfarben dazu. Vor allem bei den Rottönen brachten diese Farbstoffe den großen Vorteil mit sich, dass sie in einer gleichmäßig reinen Qualität produziert werden konnten.
Beim natürlichen Krappfarbstoff, auch bekannt als Färberröte, war das nicht der Fall gewesen.
Stimmungsvolle Töne von Gelb über Orange bis Rot
Mit seiner Momentaufnahme des Hafenbeckens von Le Havre, der „Impression, Soleil levant“ schuf Claude Monet ein Kunstwerk, das den Namen einer ganzen Stilrichtung prägen sollte.
Die Spiegelung auf dem Wasser in intensivem Rotorange bildet den Sonnenaufgang in einer atmosphärischen Dichte ab. Das Bild ist keine realitätsgetreue Darstellung des Hafenbeckens, sondern die Impression eines Sonnenaufgangs.
Aus diesem Grund wählte der Künstler auch diesen Namen für sein Werk. Doch ohne den unorthodoxen Einsatz der Gelb- und Rottöne wäre diese Anmutung nie entstanden.
Wenn wir Rot als Farbton in einem Bild einsetzen, hat diese Farbe die stärkste Präsenz. Ihre Signalwirkung führt dazu, dass sie andere Farben schnell in den Hintergrund drängt.
Die aktive Wirkung bringt es mit sich, dass wir gut überlegen müssen, wo und wie wir Rot einsetzen.
Obwohl Rot als warmer Farbton gilt, können wir verschiedene Nuancen anmischen, die von warm bis kalt reichen. Das Spektrum der Rottöne geht von einem hellen, kräftigen Orangerot bis hin zu einem sanften, matten und dunklen Krapprot.
Balsam für die Seele
Im Herbst empfinden wir das intensive Wesen von Orange und Rot als kraftvoll und wärmend. Selbst an neblig-trüben Tagen leuchten uns diese satten Farben fröhlich entgegen und binden die anderen Farben der Natur harmonisch ein.
Hat der Wind die Wolken vertrieben, hebt sich das intensive Blau des Himmels eindrucksvoll vom farbigen Herbstlaub ab. Leuchtende Violetttöne, durchzogen von Farbklecksen in Pink und Weiß, ergänzen das klare Goldgelb der Herbstsonne.
Auf diese Weise entsteht ein faszinierendes Farbenspiel. Ob als Anregung für das eigene künstlerische Schaffen oder als Balsam für die Seele, erhellen die Farben des Herbstes unser Gemüt und ermöglichen uns, noch einmal Energie für die kalte und dunkle Jahreszeit zu tanken.
Beispiel:
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Thema: Die Farben des Herbstes
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